Zebrawald by Adina Rishe Gewirtz

Zebrawald by Adina Rishe Gewirtz

Autor:Adina Rishe Gewirtz [Gewirtz, Adina Rishe]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jugendroman
Herausgeber: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-07-23T22:00:00+00:00


Kapitel 20

In jenen ersten Tagen mit Andrew Snow saß ich manchmal auf dem Sofa und versuchte mir vorzustellen, wie die Amerikaner im Iran ihre Zeit verbrachten. Kauerten sie sich in feuchten Verließen auf dem nackten Boden zusammen und verständigten sich miteinander, indem sie im Morse-Code gegen die Zellenwände klopften? Wurde ihnen Brot und Wasser durch eine rostige Luke in der Zellentür gereicht? Auch Geiseln mussten sich doch mit irgendetwas beschäftigen, dachte ich.

Ich versuchte, Rew für das Thema zu interessieren, aber er runzelte bloß die Stirn und schüttelte den Kopf. Er hatte zu seiner eigenen Routine gefunden und verbrachte viel Zeit damit, von seinem Schlafzimmerfenster aus die Einfahrt zu beobachten, oder die Tage zu schätzen, die es dauern würde, bis Hilfe kam.

»Was ist mit dem Mann, der einmal zu uns kam und uns einen Staubsauger verkaufen wollte?«, fragte er.

»Der ist nicht wiedergekommen, nachdem Gran ihm gesagt hatte, dass wir ihn wegen Hausfriedensbruch anzeigen würden«, entgegnete ich.

Rew seufzte. »Na, irgendwann wird Adele Parks auftauchten.«

»Wenn sie nicht schon in Urlaub ist«, wandte ich ein. Mir wurde unser Gespräch langsam unangenehm.

Er knirschte mit den Zähnen. »Das spielt alles keine Rolle. Die Polizei wird ihn schnappen. Wart’s nur ab, bis sie den Brief kriegen.«

Diese Vorstellung stimmte ihn einen ganzen Tag lang fröhlich, aber nachdem eine Woche vergangen war, hockte er sich wieder auf die Treppe und funkelte Andrew Snow böse an, als ob er damit die gesamte Polizei von Sunshine herbeizaubern könnte, mit gezückten Waffen, versteht sich.

»Warum dauert das so lang?«, fragte er mich am Nachmittag des achten Tages. »Die müssten schon längst hier sein.«

Ich hörte die Verzweiflung in seiner Stimme, und mein Magen verflüssigte sich, aber ich zuckte bloß mit den Schultern und suchte nach Ausreden.

»Vielleicht ist die Post momentan langsam«, sagte ich. »Oder vielleicht hielten sie den Brief für einen Scherz und haben ihn ignoriert.«

»Das würden sie nicht tun«, sagte er leidenschaftlich. »Sie werden kommen.«

Und die ganze Zeit lag der Brief in der Schublade meiner Kommode in meinem Zimmer, wo ich ihn versteckt hatte, nachdem ich an jenem Tag heimgekommen war. Allein der Gedanke an ihn verursachte mir Übelkeit.

Wenn die Dinge anders gelegen hätten, hätte ich mich an Gran gewandt, um herauszufinden, ob sie in redseliger Stimmung war. Aber Gran kam jetzt nur noch spätabends nach unten, und sie sprach kein Wort. Manchmal schenkte sie mir ein kleines Lächeln oder strich mir sanft mit der Hand im Vorbeigehen über die Wange. Es war gut, ihre Berührung zu spüren. Aber sie blieb nie bei mir, wenn ich versuchte, etwas zu sagen, und wenn Andrew Snow sie ansprach, legte sie die Hände über die Ohren und wiegte sich vor und zurück oder wandte sich einfach ab und ging wieder nach oben, als ob sie nichts gehört hätte.

Von uns allen war Andrew Snow derjenige, der am ehesten zu einem geordneten Tagesablauf fand. Abgesehen von seinen Versuchen, mit Gran zu reden, und seiner stummen Wache auf dem Stuhl neben der Tür, interessierte er sich vor allem für unsere Küche. Nachdem er in der Zeitung gelesen hatte, dass erst eine Hand voll Ausbrecher gefasst worden war, packte ihn der Ehrgeiz.



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